english   arabisch
     
  französisch
Die Fatwas




Sheikh Prof.Dr. Yusuf Al-Qaradawi aus Katar
Sheikh Prof.Dr. Yusuf Al-Qaradawi aus Katar




Im Namen Allahs, des Gnädigen und Barmherzigen!

Alles Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten. Allahs Segen und Frieden seien mit Unserem Herrn, dem gesandten Propheten, der nur aus Barmherzigkeit für alle Welten entsandt wurde, um den Menschen Seine Verse zu verlesen, sie zu reinigen und sie die Schrift und die Weisheit zu lehren, obwohl sie sich zuvor in einem offenkundigen Irrtum befanden.

Ich begrüße herzlich alle Muslime auf der ganzen Welt und jeden der Interesse hat, die islamische Rechtsprechung kennen zu lernen, sie einzuhalten und sie zu praktizieren, damit man die Freude im Diesseits und im Jenseits empfinden kann. Auf diese Weise stellt der Mensch seinen Gott, sich selbst und sein Umfeld zufrieden. Außerdem werden diese Menschen in diesem und in jenem Leben belohnt.

Von hier aus möchte ich meine Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt auf eine wichtige Sache hinweisen, an deren Praxis sich die Menschen gewöhnt haben. Es handelt sich um die weibliche Beschneidung.

Ich möchte gerne meinen Brüder und Schwestern eine Sache erklären. Wir haben keine textliche Grundlage - weder im Koran noch in der authentischen Sunna ist eine Pflicht verankert, Beschneidungen an weiblichen Genitalien vorzunehmen, weder enthalten die Analogie, der Konsens, das Für-Besser-Halten (Istihsan), das allgemeine Interesse (Maslaha Mursala) noch das Gewohnheitsrecht (Urf) Aussagen darüber, dass diese Praktiken Pflicht oder wünschenswert für die muslimische Frau seien.

Wir haben festgestellt, dass diese Tradition in vielen islamischen Ländern nicht praktiziert wird. Diese Situation existiert zum Beispiel nicht in den arabischen Golfstaaten, wo wir leben, als Beispiel nenne ich Saudi-Arabien, das Land in dem der Islam entstanden ist und indem der Koran herabgesandt wurde. Hier hat der Prophet (Segen und Friede auf Ihm) die Botschaft des Islam verkündet. Dazu zählen Nachbarstaaten wie Katar, Kuwait, Vereinigte Emirate, Oman usw. Wie in diesen Ländern wird die weibliche Beschneidung auch in den Maghreb-Staaten wie Libyen, Tunesien, Algerien und Marokko nicht praktiziert. Ebenfalls existiert der Brauch nicht in vielen Ländern des östlichen Mittelmeeres.

Wäre die weibliche Beschneidung religiös Pflicht in den genannten Ländern, hätten die Gelehrten gegen den Verlust diese Verfahrensweise gekämpft. Normalerweise hätten wir Kämpfe und Zusammenstöße beobachtet, weil die Sunna des Propheten (Segen und Friede auf Ihm) nicht befolgt wird. Wir haben keine Kämpfe um die weibliche Beschneidung in den Golfstaaten, im Maghreb und in Ländern des östlichen Mittelmeeres beobachtet. Es wurde niemals von den Frauen gefordert, ihre Töchter zu beschneiden. Keiner hat aufgerufen, das Verlassen dieser Tradition sei eine unzulässige Hinzufügung, die im Widerspruch zum Islam stehe. Wir sind zuversichtlich, dass die Muslime die Praxis dieser Tradition verweigern.

Wir wissen, dass diese Handlung in vielen Ländern in einer primitiven Art und Weise durchgeführt wird. Die Folgen sind dramatisch und schmerzhaft für die Mädchen. Unter anderem wird die Frau aufgrund der Exzision weiblicher Genitalien ihres Rechts beraubt, ein befriedigendes und vollständiges Sexualleben zu haben. In diesem Zusammenhang verwenden Ehemänner islamisch unerlaubte Dinge wie Drogen usw.

Wir glauben, dass der Islam den Menschen nur das, was sie im Diesseits und im Jenseits glücklich macht, gebracht hat. die Einfachheit ist der Schlüssel zum Lebensglück. Allah sagte: (Allah will es euch leicht, Er will es euch nicht schwer machen) (Sure 2, Vers 185)

(Allah will eure Bürde erleichtern; denn der Mensch ist schwach erschaffen.) (Sure 4, Vers 28)

Der Prophet (Segen und Friede auf Ihm) sagte: „Ihr wurdet geschickt, um Dinge leichter nicht schwieriger zu machen“

Dies ist was der Koran und die Sunna verkünden. Und genau das, was die Nachfolger des Propheten (Segen und Friede auf Ihm) gesagt haben. Ebenfalls haben die Gefährten, Anhänger des Propheten, die ihn erlebt haben, die gleichen Aussagen bestätigt. Dieselbe Meinung vertraten die Gefährtennachfolger, die ihn zwar nicht selbst erlebt haben, aber mindestens einen Gefährten miterlebt haben. Der Inhalt der vorgenannten Koranverse und Hadithe sind für die islamische Weltgemeinschaft und für alle Muslime von großer Bedeutung.

Wir appellieren an alle Muslime überall auf der Welt, in Afrika, Asien, Europa, Amerika und Australien, die noch an diese alte Tradition glauben und sie fälschlich oft mit der Religion begründen. Wir sagen ihnen, dass die Religion die weibliche Beschneidung nicht wünscht. Die Religion wird niemals an Dingen festhalten, die den Menschen Schaden zufügen. Die Religion achtet besonders auf Handlungen, die für die Menschen nützlich sind. Die Religion wird niemals Leid und Übel für Jungen und Mädchen zulassen, weder für Familien noch für Gesellschaften.

Wir appellieren an alle Muslime überall, den Weg der Rechtleitung zu wählen, den Weg, für den alle Gelehrten, Reformer und Rechtschaffende auf der ganzen Welt plädiert haben.

Ich habe an der Internationalen Gelehrtenkonferenz in Kairo teilgenommen. Unter den Teilnehmern waren hochrangige Gelehrten, der Großmufti von der Azhar und der ägyptische Religionsminister. Ich habe ebenfalls desbezüglich an mehreren Konferenzen in verschiedenen Ländern teilgenommen. Alle teilnehmenden Gelehrten rufen die Muslime auf, die weibliche Genitalbeschneidung, die keinerlei Nutzen, sondern in sich Leid und Schaden birgt, abzuschaffen. Dieser Brauch ist eine beschränkende Handlung für die Eltern und für ihre Töchter, sowohl in ihrem Leben als auch in ihrem Glauben.

Wir appellieren an alle Muslime überall auf der Welt, fürchtet Allah und lasst eure kleinen Töchter nicht beschneiden. Die kleinen Mädchen können noch nicht über sich selbst bestimmen. Ihre Eltern, ihre Brüder, Ihre Schwestern und ihre Verwandtschaft bestimmen über sie bei der Durchführung einer Handlung, die ein Werk des Teufels ist. Der Satan bringt die Menschen dazu, diese medizinischen Operationen durchzuführen, Leid und Übel herbeizuführen. Die Menschen verändern die Schöpfung Allahs laut Satans Befehl. (… ich werde ihnen befehlen, und sie werden Allahs Schöpfung verändern) (Sura 4 Vers 119). Allah hat den Menschen nicht befohlen, die Schöpfung zu verändern.

Ich appelliere an meine muslimischen Brüder und Schwestern, an meine muslimischen Töchter, an die Vernunft und an alle, die an Allah und an seinem Gesandten glauben, die die Botschaft des Koran und der Sunna fassen, welche die islamische Erkenntnis und Kultur verstehen: Bitte seid mit euren Töchtern barmherzig.

Diese Tradition hat keine Bedeutung und ist nicht erforderlich. Wer sie nicht tut, wird Gutes für sich, für das Mädchen, für seinen Glauben und für die Weltgemeinschaft tun.

Möge Gott die Gemeinschaft den richtigen Weg zum Guten leiten. Allahs Segen und Frieden seien mit Unserem Herrn, dem gesandten Propheten. Segen und Frieden seien mit all Seiner Familie und Seinen Gefährten.

Assalmu Aleikum Warahmatu Allah

Prof. Dr. Yusuf Al-Qaradawi
Doha/Katar, 10.04.2012


Film