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PRESSE-INFORMATION

Hamburg/Kairo

26.11.2006

 

Islam ächtet Mädchenverstümmelung!

Nehbergs Gelehrten-Konferenz von Kairo endet mit wegweisendem Resultat.

Zwei Tage lang diskutierten am 22. und 23. November internationale Gelehrte und Mediziner von höchster Kompetenz in der Azhar-Universität zu Kairo über das heikle Thema der Genitalverstümmelung bei Mädchen. Zu den Wissenschaftlern zählten Autoritäten wie der Großsheikh der Azhar, Prof. Dr. Tantawi, der ägyptische Religionsminister Prof. Dr. Zakzouk und Sheikh Qaradawi aus Qatar. Die übrigen Teilnehmer kamen aus Europa, Asien und Afrika. Der Großmufti von Al Azhar, Prof. Dr. Ali Gom’a, hatte die Schirmherrschaft übernommen. Eingeladen hatte Rüdiger Nehbergs Menschenrechtsorganisation TARGET. Das Resultat: „Weibliche Genitalverstümmelung ist ein strafbares Verbrechen und verstößt gegen die höchsten Werte des Islam.“ Damit werden Millionen Mädchen geschützt.

Ort und Teilnehmer hätten nicht besser gewählt sein können. Die Azhar gilt als das „Mekka der Gelehrten“. Der Großmufti ist ihre höchste Instanz für die Erstellung verbindlicher Rechtsgutachten. Seine Entscheidungen gelten weltweit für Muslime als richtungsweisend.
Bei der zwei Tage währenden Diskussion ging es vor allem um die Klärung zweier grundsätzlicher Fragen. Gibt es in den Heiligen Schriften eine verbindliche Aufforderung des Propheten, Mädchen zu verstümmeln? Dazu äußerten sich die Gelehrten. Sie waren sich bald einig, dass alle diesbezüglichen Überlieferungen als „schwach“, das heißt unglaubwürdig einzustufen sind, weil sie dem Koran und der Ethik des Islam und widersprechen. Es wurde mit überraschender Offenheit gesprochen. Imam Tarafa Baghajati aus Österreich legte das Recht der Frau auf eine erfüllte Sexualität dar.

Schwieriger war die Klärung der Frage, ob wirklich sämtliche Formen der Verstümmelung weiblicher Genitalien als körperschädigend eingestuft werden können. Getreu dem Gebot des Koran: „Im Zweifelsfalle befragt die Fachleute“, waren dazu fünf Mediziner eingeladen, Experten aus Ägypten, Äthiopien und Deutschland. Aus Berlin sprach Prof. Dr. Kentenich vom DRK-Krankenhaus. Auf medizinische Beurteilungen hatte vor allem Sheikh Qaradawi gesteigerten Wert gelegt.

Da Männer selten Augenzeuge der Verstümmelungen sind, wird das Kappen der Klitoris oft als positive „Veredlung“ gewertet, vergleichbar mit der Beschneidung des Mannes. Das dem absolut nicht so ist, machten die Darlegungen der Mediziner unmissverständlich klar. Dr. Lukman, Gynäkologe und Chirurg aus Addis Abeba, verglich die Entfernung der Klitoris mit dem Abtrennen der Eichel des Mannes, die Pharaonische Verstümmelung gar mit dem Abhacken des gesamten Penis. Prof. Dr. Kentenich zählte die unsäglichen Begleiterscheinungen auf, die Verstümmelungen nach sich ziehen. Von lebenslangen Schmerzen und Traumata war die Rede, von Tod durch Verbluten und Schock. Die ägyptischen Ärzte sprachen von schwerem Raub des weiblichen Gefühlszentrums, der Seele und Würde. TARGET zeigte einen Zwei-Minuten-Film, der das Grauen des Verbrechens akustisch und optisch unbeschönigt belegt.

Nach zwei Tagen zogen sich die Delegierten zu einer Klausurberatung zurück. 23. November um 16:12 Uhr Ortszeit verkündete Prof. Dr. Muhammad Shama, Vertrauter des Großmufti, den Beschluss im Wert einer Fatwa, eines verbindlichen Rechtsgutachtens. Es war die zwingende Konsequenz nach den Darlegungen der Experten. Es kommt einer theologischen Sensation gleich. Auszüge: „Die Genitalbeschneidung bei Frauen ist eine ererbte Unsitte... ohne Grundlage im Koran respektive einer authentischen Überlieferung des Propheten... Daher müssen die Praktiken unterbunden werden in Anlehnung an einen der höchsten Werte des Islam, nämlich den Menschen unbegründet keinen Schaden zufügen zu dürfen... Vielmehr wird dies als strafbare Aggression gegenüber dem Menschengeschlecht erachtet.“
Gesetzgeber werden aufgefordert, „diese grausame Unsitte als Verbrechen zu deklarieren.“
Sheikh Abkar aus dem Tschad: „Das war ein 200%iger Erfolg. Ich werde dem Brauch in meinem Land den Kampf ansagen. Dort sind alle Mädchen und Frauen verstümmelt. Sie haben in mir den stärksten Verbündeten gefunden.“
Imam Diallo aus Mali erklärte, dass er sogar seines Amtes als Großmufti enthoben worden war, als er vor wenigen Jahren wagte, gegen den Brauch anzutreten. Er musste zwei Wochen lang unter Polizeischutz gestellt werden.

Täglich werden 8000 Mädchen vor allem in den islamisch geprägten Ländern der Sahelzone verstümmelt. Weltweit sind 150 Millionen Frauen betroffen.


Weitere Informationen und Fotos:
www.target-human-rights.com Rubrik Medien
Annette Weber: Tel. 04154-999940/ mobil 0172-6215677
BetacamSP-Filmmaterial: Thomas Reinecke, 0173-6088620

Hinweis:
Dienstag: ZDF-22.45 Uhr sind Rüdiger Nehberg und Annette Weber in der Talkshow: Johannes B. KERNER

Zum 23.November 2006:
Buch „Karawane der Hoffnung“ - mit dem Islam gegen den Schmerz und das Schweigen
Malik-Verlag